Shape Memory: Die Magie der Formgedächtnismaterialien

Dr. Alena Schreiber 02. November 2025

Stellen Sie sich ein Material vor, das sich an seine Form 'erinnert'. Das ist keine Science-Fiction, sondern die Realität der Shape Memory-Technologie.

Was ist der Shape Memory Effekt?

Der Shape Memory-Effekt, auch Formgedächtniseffekt genannt, ist eine faszinierende physikalische Eigenschaft bestimmter Materialien. Diese "intelligenten" Werkstoffe können nach einer scheinbar permanenten Verformung bei Einwirkung eines externen Reizes – meist Wärme – ihre ursprüngliche, zuvor eingeprägte Form wieder annehmen. Die Grundlage für dieses Verhalten liegt in einer reversiblen Phasenumwandlung im Kristallgitter des Materials. Man unterscheidet hauptsächlich zwischen dem thermischen Shape Memory-Effekt (ausgelöst durch Temperaturänderung) und der Superelastizität, bei der das Material bei Raumtemperatur hohe Dehnungen aushält und danach wieder in seine Ausgangsform zurückfedert.

Arten von Formgedächtnismaterialien

Die Familie der Materialien mit Formgedächtnis wächst stetig. Die bekanntesten Vertreter lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen.

Formgedächtnislegierungen (FGL)

Formgedächtnislegierungen (engl. Shape Memory Alloys, SMA) sind Metalle, die den Shape Memory-Effekt aufweisen. Die mit Abstand wichtigste und kommerziell am häufigsten genutzte Legierung ist Nitinol, eine Nickel-Titan-Verbindung. Nitinol zeichnet sich durch seine exzellente Biokompatibilität, hohe Korrosionsbeständigkeit und beeindruckende Ermüdungsfestigkeit aus. Diese Eigenschaften machen es zum idealen Kandidaten für anspruchsvolle Anwendungen. Andere FGL basieren auf Kupfer (Cu-Zn-Al, Cu-Al-Ni) oder Eisen (Fe-Mn-Si), finden aber seltener Anwendung als Nitinol.

Formgedächtnispolymere (FGP)

Neben den Metallen gibt es auch Formgedächtnispolymere (engl. Shape Memory Polymers, SMP). Diese Kunststoffe bieten im Vergleich zu FGL einige Vorteile: Sie sind leichter, oft kostengünstiger in der Herstellung und können sehr große Formänderungen vollziehen. Allerdings sind ihre Rückstellkräfte und die Lebensdauer in der Regel geringer als bei metallischen Shape Memory-Werkstoffen.

Anwendungsgebiete der Shape Memory Technologie

Die einzigartigen Eigenschaften dieser Materialien haben eine Vielzahl von Innovationen in diversen Branchen ermöglicht.

  • Medizintechnik: Hier hat die Shape Memory-Technologie wahre Wunder bewirkt. Ein Paradebeispiel sind kardiovaskuläre Stents. Ein Nitinol-Stent wird gekühlt und komprimiert, um ihn minimalinvasiv in ein verengtes Blutgefäß einzuführen. Durch die Körperwärme dehnt er sich aus und hält das Gefäß offen. Auch in der Kieferorthopädie (Zahnspangen), für endoskopische Instrumente und Knochenklammern kommen sie zum Einsatz.

  • Luft- und Raumfahrt: Jedes Gramm zählt. Shape Memory-Aktoren können schwere und komplexe hydraulische oder motorische Systeme ersetzen. Sie werden zur Steuerung von Klappen, zur Entfaltung von Solarpaneelen oder Antennen verwendet.

  • Automobilindustrie: In Fahrzeugen werden Shape Memory-Elemente als leise und zuverlässige Aktoren für die Verstellung von Lüftungsklappen, die Entriegelung von Tankdeckeln oder die Anpassung von Spiegeln eingesetzt.

  • Konsumgüter: Das bekannteste Beispiel sind flexible Brillengestelle aus Nitinol. Sie können stark verbogen werden und kehren immer wieder in ihre ursprüngliche Form zurück, was sie extrem langlebig macht.

Die Zukunft mit Formgedächtnis

Die Shape Memory-Technologie ist ein eindrucksvolles Beispiel für fortschrittliche Werkstoffwissenschaft mit realem Nutzen. Ihr Potenzial ist bei weitem nicht ausgeschöpft. Zukünftige Entwicklungen versprechen noch intelligentere Materialien. Benötigen Sie professionelle Beratung zu Installationen? Unser kompetenter Service in Häggenschwil steht Ihnen gern zur Verfügung.